Testamentsgestaltung für vermietete Immobilien: Wichtige Besonderheiten und praktische Lösungen

Testamentsgestaltung für vermietete Immobilien: Wichtige Besonderheiten und praktische Lösungen

Anneliese Kranz 20 Nov 2025

Wenn Sie eine vermietete Immobilie besitzen, ist Ihr Testament mehr als nur eine Absichtserklärung. Es ist ein rechtliches Instrument, das über Jahre hinweg Mietverhältnisse, Erbengemeinschaften und Steuerlasten steuert. Viele denken, dass das Erben einer Wohnung oder eines Hauses einfach bedeutet: Immobilie geht an die Kinder. Doch das ist ein gefährlicher Irrtum. Denn mit der Immobilie erben Sie auch den Mietvertrag - und damit alle Rechte und Pflichten, die damit verbunden sind.

Der Mietvertrag bleibt bestehen - das müssen Erben wissen

Wenn Sie als Vermieter sterben, endet der Mietvertrag nicht. Er übergeht automatisch auf Ihre Erben. Das steht im § 1922 BGB. Der Mieter zahlt weiterhin die Miete, und Sie als Erbe müssen die Reparaturen machen, die Heizung warten und den Mieter nicht einfach rauswerfen. Viele Erben merken erst nach dem Tod des Verstorbenen, dass sie jetzt Vermieter sind - und oft ohne jegliche Erfahrung.

Ein Beispiel: Ein 78-jähriger Vermieter stirbt plötzlich. Sein Sohn erbt die Wohnung, die seit 15 Jahren an einen Mieter vermietet ist. Der Sohn hat nie mit Mietern zu tun gehabt. Er kündigt den Vertrag, weil er selbst einziehen will - ohne nachzuweisen, dass er wirklich einen Wohnbedarf hat. Der Mieter klagt. Das Landgericht Berlin urteilt: Kein echter Eigenbedarf. Der Erbe muss 18.500 Euro Schadensersatz zahlen. Das passiert öfter, als man denkt.

Nießbrauch: Wer bekommt die Miete, wer das Haus?

Was, wenn Sie wollen, dass Ihr Sohn das Haus erbt, aber Ihre Ehefrau die Mieteinnahmen behält? Dann brauchen Sie ein Nießbrauchsrecht. Das ist kein Vermächtnis, sondern ein persönliches Nutzungsrecht. Gemäß § 1030 BGB kann der Nießbrauchsberechtigte die Miete einziehen, die Wohnung bewohnen oder sogar an Dritte weitervermieten - ohne Eigentümer zu sein.

Das ist besonders sinnvoll, wenn Sie eine Immobilie haben, die für Ihre Kinder zu teuer ist, um sie zu erben - aber Ihre Ehepartnerin davon leben soll. Die Studie der Universität zu Köln aus 2021 zeigt: In 12 % aller Testamente mit vermieteten Immobilien wird das Nießbrauchsrecht eingesetzt. Es ist eine der effektivsten Lösungen, um Erbschaftsstreit zu vermeiden.

Aber Vorsicht: Die Rechtslage ist unklar. Soll der Nießbrauchsberechtigte Modernisierungen anordnen dürfen? Darf er den Mieter zwingen, die Heizung zu wechseln? Derzeit entscheiden Gerichte unterschiedlich. Ab 2026 könnte sich das ändern - das Bundesjustizministerium arbeitet an einer Reform.

Testamentsvollstrecker: Die unsichtbare Hand im Nachlass

Nicht jeder Erbe ist bereit oder fähig, eine vermietete Immobilie zu verwalten. Manche sind im Ausland, andere haben keine Zeit, andere wiederum verstehen nichts von Mietrecht. Hier kommt der Testamentsvollstrecker ins Spiel. Er wird vom Erblasser benannt und vertritt die Interessen der Erbengemeinschaft - bis die Immobilie verteilt oder verkauft ist.

Der Vollstrecker muss:

  • Die Immobilie im Grundbuch eintragen lassen
  • Die Miete einziehen und Ausgaben bezahlen
  • Entscheiden, ob Verkauf oder Weitervermietung sinnvoller ist
  • Die Erben regelmäßig informieren

Ein guter Vollstrecker verhindert, dass ein Erbe die Miete einstreicht und die anderen auszahlt. Er hält die Bilanz sauber. Die Kosten liegen zwischen 1.000 und 1.200 Euro - aber oft ist das Geld gut investiert. Ohne Vollstrecker laufen viele Nachlässe in Streit aus.

Symbolisches Haus mit drei Aspekten: Mieteinnahmen, Testamentsvollstrecker und Erbengemeinschaft.

Steuerliche Vorteile - und wo sie enden

Im Vergleich zu einer selbst genutzten Immobilie zahlen Erben von vermieteten Objekten deutlich weniger Erbschaftsteuer. Warum? Weil das Finanzamt pauschal 10 % vom Verkehrswert abzieht. Das nennt man die „Vermietungsabschlagsregelung“. Ein Haus mit einem Wert von 500.000 Euro wird nur mit 450.000 Euro besteuert. Die Steuerlast sinkt von 23,4 % auf durchschnittlich 18,5 %.

Doch dieser Vorteil gilt nur, wenn die Immobilie zum Zeitpunkt des Todes tatsächlich vermietet ist. Wenn sie leer steht - und erst nach dem Tod vermietet wird - gibt es keinen Abschlag. Das ist ein häufiger Fehler. Viele Vermieter lassen ihre Wohnung monatelang leer, weil sie keinen Mieter finden. Dann stirbt jemand. Und plötzlich ist der steuerliche Vorteil weg.

Ein Tipp: Halten Sie Belege über Mieteinnahmen. Mietverträge, Banküberweisungen, Mieterkündigungsschreiben - alles, was beweist, dass die Wohnung aktiv vermietet war. Ohne Nachweis lehnt das Finanzamt den Abschlag ab.

Die drei Lösungswege für Erbengemeinschaften

Wenn mehrere Erben beteiligt sind, gibt es drei Wege, mit der Immobilie umzugehen. Keiner ist perfekt - aber einer passt immer.

  1. Vermietungslösung: Die Immobilie bleibt vermietet. Die Miete wird unter den Erben aufgeteilt, die Kosten auch. 47 % der Erbengemeinschaften wählen diesen Weg - besonders wenn die Mieter langfristig sind und die Miete stabil ist.
  2. Entschädigungslösung: Ein Erbe behält die Immobilie und zahlt den anderen einen Ausgleich. Das ist fair, wenn einer das Haus will und die anderen Bargeld brauchen. 32 % der Fälle laufen so. Wichtig: Der Wert muss fair bewertet werden. Ein Gutachter kostet 500-800 Euro - aber verhindert später Streit.
  3. Verkaufslösung: Die Immobilie wird verkauft, der Erlös geteilt. 21 % der Erben wählen diesen Weg - meist, wenn keiner die Immobilie halten will oder die Erbengemeinschaft sich nicht einigen kann.

Was passiert, wenn sich alle nicht einigen? Dann kann jeder Miterbe die Teilungsversteigerung verlangen. Das ist die letzte Option - und oft die teuerste. Ein Versteigerungsverfahren kostet bis zu 10.000 Euro an Gebühren, dauert 18-24 Monate und bringt oft nur 70 % des Marktwerts ein.

Drei Personen mit Schlüssel, Buch und Vertrag um ein Haus, symbolisch für Erbfolge und Mietrecht.

Die größten Fehler bei der Testamentsgestaltung

Prof. Dr. Thomas Römer von der Universität Heidelberg sagt: In 68 % der Fälle, in denen vermietete Immobilien vererbt werden, führen unklare Testamente zu Rechtsstreitigkeiten. Die Durchschnittsdauer: 14,7 Monate. Was läuft schief?

  • Keine klare Aufteilung: „Meine Kinder erben alles“ - das ist kein Testament. Wer bekommt das Haus? Wer die Wohnung? Wer die Miete? Das muss genau stehen.
  • Kein Nießbrauch, obwohl nötig: Ein Ehepartner soll von der Miete leben - aber der Sohn erbt das Haus. Ohne Nießbrauch ist das unfair und rechtlich unsicher.
  • Kein Testamentsvollstrecker: Keine Kontrolle, kein Überblick - das ist eine Einladung zum Streit.
  • Privatschriftliches Testament: Ein handschriftlich geschriebener Brief ist rechtsgültig - aber er bringt keinen Erbschein. Für die Grundbucheintragung brauchen Sie einen Erbschein. Der kostet durchschnittlich 285,50 Euro - und verursacht Monate Verzögerung.

Ein notarielles Testament kostet zwischen 385 und 1.200 Euro - je nach Komplexität. Das ist kein Luxus. Das ist Versicherung gegen ein Jahrzehnt Streit.

Was kommt 2026? Die Reform des Erbrechts

Die Gesetze ändern sich. Im April 2024 legte das Bundesjustizministerium einen Referentenentwurf vor, der das Nießbrauchsrecht präzisieren soll. Besonders wichtig: Wer darf Modernisierungen anordnen? Darf der Nießbrauchsberechtigte den Mieter zwingen, eine neue Heizung zu akzeptieren? Aktuell entscheiden Gerichte unterschiedlich - und das führt zu Unsicherheit.

Die Änderung soll zum 1. Januar 2026 in Kraft treten. Wer jetzt ein Testament aufsetzt, sollte darauf achten, dass es flexibel genug ist, um mit der neuen Rechtslage umzugehen. Ein Notar kann das heute schon berücksichtigen.

Was tun, wenn Sie eine vermietete Immobilie vererben wollen?

1. Prüfen Sie den Mietvertrag: Wie lange läuft er? Wer ist der Mieter? Gibt es eine Kündigungsmöglichkeit?

2. Entscheiden Sie: Wer soll was haben? Soll ein Kind das Haus, ein anderes die Miete? Oder soll alles verkauft werden?

3. Wählen Sie den richtigen Weg: Nießbrauch? Testamentsvollstrecker? Entschädigung?

4. Wählen Sie den richtigen Rechtsform: Privatschriftlich? Notariell? Notariell ist sicherer - besonders bei Immobilien.

5. Halten Sie Unterlagen bereit: Mietverträge, Zahlungsbelege, Reparaturrechnungen - alles, was den Vermietungsstatus beweist.

6. Sprechen Sie mit einem Fachanwalt: Nicht jeder Notar kennt die Feinheiten des Erbrechts bei vermieteten Immobilien. Suchen Sie jemanden, der sich speziell mit Immobilien im Erbfall auskennt.

Die Zeit, die Sie heute in Ihr Testament investieren, spart Ihnen später Jahre Stress, Geld und Beziehungsbrüche. Eine vermietete Immobilie ist kein Gegenstand - sie ist ein lebendiger Teil Ihres Vermögens. Behandeln Sie sie deshalb auch so.

Was passiert mit dem Mietvertrag, wenn der Vermieter stirbt?

Der Mietvertrag geht automatisch auf die Erben über - laut § 1922 BGB. Der Mieter zahlt weiterhin Miete, und die Erben müssen alle Pflichten aus dem Vertrag erfüllen, wie Reparaturen, Heizungswartung und die Bereitstellung einer mangelfreien Wohnung. Eine Kündigung ist nur mit gültigem Grund möglich, etwa Eigenbedarf - und der muss nachgewiesen werden.

Kann ich im Testament festlegen, wer die Miete bekommt und wer das Haus?

Ja, mit dem Nießbrauchsrecht. Sie können jemandem das Eigentum an der Immobilie vererben und einem anderen das Recht geben, die Miete einzuziehen und die Immobilie zu nutzen. Das ist besonders sinnvoll, wenn ein Kind das Haus erben soll, aber der Ehepartner von den Einnahmen leben soll. Diese Regelung ist in etwa 12 % der Testamente mit vermieteten Immobilien enthalten.

Warum zahle ich weniger Erbschaftsteuer bei einer vermieteten Immobilie?

Das Finanzamt gewährt einen pauschalen Abschlag von 10 % vom Verkehrswert, weil vermietete Immobilien als weniger nutzbar gelten. Ein Haus mit 500.000 Euro Wert wird nur mit 450.000 Euro besteuert. Das senkt die Steuer von 23,4 % auf durchschnittlich 18,5 %. Der Abschlag gilt aber nur, wenn die Immobilie zum Zeitpunkt des Todes tatsächlich vermietet ist und Einnahmen erzielt.

Was kostet ein notarielles Testament mit Immobilienregelung?

Ein einfaches notarielles Testament mit einer vermieteten Immobilie kostet etwa 385 Euro. Wenn Sie zusätzlich Nießbrauch, Testamentsvollstreckung oder komplexe Teilungsanordnungen einbauen, steigen die Kosten auf bis zu 1.200 Euro. Das ist teurer als ein privates Testament - aber es vermeidet teurere Folgekosten wie Erbscheine, Streit oder Versteigerungen.

Was ist, wenn die Erben sich nicht einigen können?

Jeder Miterbe kann die Teilungsversteigerung verlangen. Das ist der letzte Ausweg: Die Immobilie wird öffentlich versteigert, der Erlös wird geteilt. Aber das ist teuer - bis zu 10.000 Euro Gebühren - und bringt oft nur 70 % des Marktwerts. Es ist besser, vorher eine Lösung zu finden: Entschädigung, Vermietung oder Verkauf.

Brauche ich einen Testamentsvollstrecker?

Nicht immer, aber oft. Wenn die Erben sich nicht einigen können, wenn einer im Ausland lebt, oder wenn die Immobilie komplex verwaltet werden muss - dann ist ein Vollstrecker die bessere Wahl. Er verhindert, dass ein Erbe die Miete einstreicht und andere auszahlt. Er sorgt für Transparenz und rechtliche Sicherheit.

Ist ein privates Testament bei vermieteten Immobilien riskant?

Ja. Ein handschriftliches Testament ist rechtsgültig - aber es bringt keine Grundbucheintragung. Für die Übertragung des Eigentums müssen die Erben einen Erbschein beantragen - das kostet rund 285,50 Euro und dauert Monate. Außerdem kann das Testament leicht angefochten werden. Bei Immobilien ist ein notarielles Testament die sicherere Wahl.