Was ist eine Sanierungsstufe? Und warum sollte dir das etwas angehen?
Wenn du dein Haus sanierst, dann willst du nicht einfach nur neue Tapeten an die Wand kleben. Du willst, dass es langlebig, komfortabel und vor allem energieeffizient wird. Aber wie fängst du an? Welche Maßnahmen bringen was? Und wie viel kostet das wirklich? Die Antwort liegt in den Sanierungsstufen - einem klaren System, das vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz und der KfW definiert wurde. Es unterscheidet vier klare Stufen: von der bloßen Oberflächenverschönerung bis zur kompletten Neugestaltung des Gebäudes. Wer das nicht versteht, verliert Geld, Zeit und Nerven.
Die Grundlage dafür ist das Gebäudeenergiegesetz (GEG) von 2020, das seitdem alle Sanierungen in Deutschland regelt. Es gibt keine freie Wahl mehr: Jede Maßnahme muss in einen klaren Rahmen passen. Und dieser Rahmen entscheidet darüber, ob du Fördergelder bekommst - und wie viel. Die wichtigsten Begriffe hier: Effizienzhaus-Stufen. Sie reichen von 100 bis 40. Die Zahl sagt, wie viel Prozent Energie das Gebäude nach der Sanierung noch braucht, im Vergleich zu einem Referenzgebäude. Ein Effizienzhaus 40 verbraucht also nur 40 % der Energie, die ein altes Haus normalerweise braucht.
Stufe 1: Kosmetische Renovierung - Nur die Oberfläche
Du malst die Wände neu, tauschst die alte Teppichbodenfliese aus, bringst neue Lichtschalter an oder erneuerst die Fensterläden. Das ist kosmetische Renovierung. Sie verändert nichts am Energieverbrauch. Die Wände sind immer noch undicht, die Heizung läuft immer noch auf Vollast, und im Winter bleibt es trotzdem kalt. Aber: Es sieht besser aus. Und das ist für viele der erste Schritt.
Kosten? Im Schnitt 35 bis 50 Euro pro Quadratmeter. Für ein 120 m² großes Einfamilienhaus also zwischen 4.200 und 6.000 Euro. Keine Förderung. Keine Anmeldung beim Amt. Kein Energieberater nötig. Aber: Wenn du das als ersten Schritt machst, bevor du wirklich sanierst, dann bist du am Ende doppelt am Geld. Denn wenn du später die Dämmung einbaust, musst du die neue Farbe wieder abkratzen. Die meisten Experten raten: Mache kosmetische Arbeiten erst, wenn die technische Sanierung abgeschlossen ist.
Stufe 2: Teilrenovierung - Einzelne Gewerke tauschen
Du wechselst die Heizung, tauschst die alte Elektroinstallation aus oder legst neue Sanitäranlagen ein. Das ist Teilrenovierung. Hier greifst du in einzelne Systeme ein, aber nicht in die Gebäudehülle. Die Außenwände bleiben ungedämmt, die Fenster sind alt, die Kellerdecke nicht isoliert. Du bekommst Förderung - aber nur für das einzelne Bauteil. Die Heizung? KfW-Förderung für eine neue Wärmepumpe. Die Fenster? Nur, wenn sie den GEG-Anforderungen entsprechen.
Kosten: 150 bis 250 Euro pro Quadratmeter. Bei 120 m² also 18.000 bis 30.000 Euro. Die Förderung kann bis zu 30 % der Kosten decken - aber nur, wenn du die richtigen Produkte wählst. Ein Beispiel: Ein neuer Gaskessel ohne Dämmung bringt dir keine Förderung. Eine Wärmepumpe mit Dämmung schon. Viele Hausbesitzer machen den Fehler: Sie tauschen nur die Heizung aus, weil sie denken, das sei der wichtigste Schritt. Doch laut einer WWF-Studie aus 2022 ist das die teuerste Variante. Ohne Dämmung läuft die neue Heizung ständig auf Hochleistung - und du zahlst doppelt: für die Anschaffung und für den hohen Energieverbrauch.
Stufe 3: Energetische Sanierung - Die Effizienzhaus-Stufen
Dies ist der Punkt, an dem es ernst wird. Hier geht es nicht mehr um Einzelteile, sondern um das Gesamtsystem. Du dämmst Dach, Außenwände, Kellerdecke, tauschst Fenster und Türen aus, installierst eine neue Heizung und prüfst die Luftdichtheit. Das Ganze wird nach den KfW-Effizienzhaus-Stufen geplant: 100, 85, 70, 55, 40.
Die Zahlen sind nicht willkürlich. Sie zeigen, wie viel Energie das Gebäude nach der Sanierung noch braucht. Ein Effizienzhaus 100 entspricht dem heutigen Standard eines ungedämmten Altbaus. Ein Effizienzhaus 40 ist fast passivhausfähig. Und hier kommt die Förderung ins Spiel:
- Effizienzhaus 100: Keine Förderung mehr ab 2024
- Effizienzhaus 85: Bis zu 150.000 Euro Kredit, 10 % Tilgungszuschuss
- Effizienzhaus 55: Bis zu 180.000 Euro Kredit, 15 % Tilgungszuschuss
- Effizienzhaus 40: Bis zu 180.000 Euro Kredit, 27 % Tilgungszuschuss
Die technischen Anforderungen sind streng. Für ein Effizienzhaus 85: Außenwände mit U-Wert von max. 0,18 W/m²K, Dach mit 0,15 W/m²K, Fenster mit 1,1 W/m²K. Das ist kein Selbstbau. Du brauchst einen qualifizierten Energieberater - und der kostet mindestens 400 Euro. Aber ohne ihn bekommst du keine Förderung. Und viele Hausbesitzer merken erst nach der Sanierung, dass sie falsch gedämmt haben. Die ift-Rosensheim-Studie aus 2022 zeigt: In 32 % der Sanierungen ist die Luftdichtheit unzureichend. Das bedeutet: Kälte zieht ein, die Heizung läuft durch, und die Energiekosten bleiben hoch.
Was bringt das? Familie Müller aus Stuttgart hat nach einer Sanierung auf Effizienzhaus 55 ihre Heizkosten von 1.850 Euro pro Jahr auf 620 Euro gesenkt. Das ist eine Ersparnis von über 66 %. Und das ist kein Einzelfall. Doch die Kosten steigen: Die IWU-Studie aus 2023 sagt, dass eine solche Sanierung zwischen 800 und 1.200 Euro pro Quadratmeter kostet. Für ein 120 m² Haus also 96.000 bis 144.000 Euro. Die meisten Hausbesitzer rechnen mit 20 % weniger. Tatsächlich liegt die Überschreitung laut einer Umfrage des Verbands Privater Bauherren bei durchschnittlich 18.500 Euro - meist wegen verstecktem Schimmel, altem Holz oder fehlender Fundamentdämmung.
Stufe 4: Kernsanierung - Alles neu, aber richtig
Kernsanierung ist nicht nur die höchste Sanierungsstufe - sie ist die einzige, die dein Haus wirklich neu macht. Du reißt die Innenausstattung raus, dämmst von innen und außen, baust eine neue Kellerdecke, ersetzt alle Leitungen, installierst eine moderne Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung und setzt eine Heizung ein, die zu 65 % mit erneuerbaren Energien arbeitet. Das ist kein Umbau. Das ist ein Neubau im Bestand.
Warum macht man das? Weil die KfW ab 2024 die Förderung für Effizienzhaus 100 streicht. Und weil die EU ab 2030 verlangt, dass alle neuen Gebäude klimaneutral sind. Wer heute nicht sanieren will, muss später doppelt zahlen. Die Kosten liegen bei 800 bis 1.200 Euro pro Quadratmeter - aber du bekommst die höchste Förderung. Und du sparst langfristig: Ein Effizienzhaus 40 braucht fast keine Heizkosten mehr. Die Investition amortisiert sich in 10 bis 15 Jahren.
Die größte Hürde? Die Planung. Du brauchst nicht nur einen Energieberater, sondern auch einen Architekten, einen Statiker und einen Bauingenieur. Und du musst dich mit dem Baugenehmigungsamt auseinandersetzen. Es gibt keine Standardlösung. Jedes Haus ist anders. Ein Altbau aus den 60er Jahren mit Mauerwerk und Holzbalkendecke verlangt andere Lösungen als ein Plattenbau aus den 80ern. Deshalb ist ein unabhängiger Energieberater unverzichtbar. Auf Plattformen wie bauexperten.com berichten 68 % der Nutzer, dass die Kosten 15-20 % höher lagen als geplant. Die meisten sagen: Wir hätten früher mit einem Experten gesprochen.
Was kommt als Nächstes? Die Zukunft der Sanierungsstufen
Die Regeln ändern sich. Ab 1. Januar 2024 darf keine neue Heizung mehr installiert werden, die weniger als 65 % erneuerbare Energien nutzt. Das bedeutet: Gaskessel sind fast aus. Heizungen mit Erdgas oder Öl werden nur noch in Ausnahmefällen genehmigt. Die KfW plant für 2024 eine neue Stufe: Effizienzhaus 25. Das ist noch effizienter als ein Passivhaus. Und es ist kein Traum - es ist eine Notwendigkeit. Denn bis 2045 soll Deutschland klimaneutral sein. Der Gebäudebestand verursacht 35 % der Treibhausgasemissionen. Das ist zu viel.
Die Sanierungsquote liegt aktuell bei 0,7 % pro Jahr. Das heißt: Von 100 Häusern wird jedes Jahr nur sieben saniert. Aber wir brauchen zwei Prozent. Sonst erreichen wir die Klimaziele nicht. Experten wie Professor Schiller von der TU Berlin sagen: Das aktuelle System ist zu komplex. Die meisten Hausbesitzer verstehen die Zahlen nicht. Deshalb wird es bis 2030 ein neues System geben - wahrscheinlich ein einfaches Punktesystem. Wer 100 Punkte erreicht, bekommt die höchste Förderung. Keine U-Werte, keine Zahlen - nur klare Kriterien.
Was kannst du jetzt tun? Wenn du dein Haus sanieren willst: Sprich mit einem unabhängigen Energieberater. Lass dich nicht von einem Heizungsinstallateur beraten, der nur seine Heizung verkaufen will. Lass dich von jemandem beraten, der dir sagt: „Dein Dach muss zuerst gedämmt werden.“ Und dann fang an. Denn jede Sanierung, die du heute machst, spart dir morgen Geld - und rettet die Umwelt.
Die wichtigsten Zahlen auf einen Blick
| Sanierungsstufe | Typische Maßnahmen | Kosten pro m² | Förderung (max.) | Energieeinsparung |
|---|---|---|---|---|
| Kosmetische Renovierung | Streichen, Tapezieren, Bodenbeläge | 35-50 € | Keine | 0 % |
| Teilrenovierung | Heizung, Sanitär, Elektro | 150-250 € | Bis zu 30 % für Einzelmaßnahmen | 10-25 % |
| Energetische Sanierung (z. B. EH 55) | Dämmung, Fenster, Luftdichtheit, Heizung | 800-1.200 € | 15-27 % Tilgungszuschuss | 60-75 % |
| Kernsanierung (EH 40) | Vollständige Hülle, Lüftung, erneuerbare Energie | 800-1.200 € | 27 % Tilgungszuschuss | 75-85 % |
Kann ich eine Sanierung in mehreren Schritten machen?
Ja, aber mit Vorsicht. Du kannst mit einer Teilrenovierung beginnen - etwa mit dem Austausch der Heizung. Aber wenn du danach nicht weiter sanierst, wird die neue Heizung ineffizient arbeiten. Besser: Plane von Anfang an auf eine hohe Effizienzhaus-Stufe hin. Dann kannst du Schritt für Schritt vorgehen - aber mit dem Ziel, am Ende das Haus auf EH 55 oder EH 40 zu bringen. So vermeidest du Doppelarbeit und verlierst keine Förderung.
Warum ist ein Energieberater so wichtig?
Weil er den Unterschied macht. Ein Energieberater prüft, wo deine Wärme verloren geht - nicht nur an den Wänden, sondern auch an den Fenstern, der Kellerdecke oder der Luftdichtheit. Er berechnet, welche Maßnahmen sich lohnen und welche nicht. Und er stellt den Antrag für die Förderung. Ohne ihn bekommst du keine KfW-Förderung. Und viele Hausbesitzer, die ohne Berater sanieren, stellen später fest: Die Dämmung ist zu dünn, die Fenster falsch eingebaut, die Lüftung fehlt. Dann ist es zu spät. Ein guter Energieberater kostet 400-800 Euro. Das ist Geld, das du später sparen wirst.
Was passiert, wenn ich nicht sanieren will?
Ab 2024 darfst du keine neuen Gaskessel mehr einbauen - außer in Ausnahmefällen. Wenn deine Heizung kaputt geht, musst du eine erneuerbare Lösung wählen. Und ab 2025 werden die Anforderungen für den Verkauf von Immobilien verschärft: Nur noch Gebäude mit mindestens Effizienzhaus 85 können ohne Einschränkungen verkauft werden. Ein Haus ohne Sanierung wird immer schwerer zu verkaufen. Und die Energiekosten steigen weiter. Wer heute nicht sanieren will, zahlt später mehr - und hat weniger Wert.
Wie lange dauert eine Kernsanierung?
Im Durchschnitt 6 bis 12 Monate. Das hängt von der Größe des Hauses, der Komplexität der Arbeiten und den versteckten Schäden ab. Ein kleines Einfamilienhaus mit gutem Zustand kann in 6 Monaten fertig sein. Ein großer Altbau mit Schimmel und fehlender Dämmung braucht bis zu 18 Monate. Wichtig: Plane immer mit Pufferzeit. Die meisten Sanierungen laufen später als geplant - und das ist normal.
Gibt es Alternativen zur KfW-Förderung?
Ja. Viele Bundesländer bieten zusätzliche Förderungen - etwa in Bayern, Baden-Württemberg oder Nordrhein-Westfalen. Auch das BAFA fördert den Einbau von Wärmepumpen. Und manche Kommunen gewähren Zuschüsse für die Dämmung. Aber: Die KfW ist die wichtigste Quelle. Ohne KfW-Förderung ist eine umfassende Sanierung für die meisten Hausbesitzer nicht finanzierbar. Alle anderen Förderungen sind Ergänzungen - nicht Ersatz.