Altöl und kontaminierte Böden: Umweltfreundliche Sanierungsmethoden im Überblick

Altöl und kontaminierte Böden: Umweltfreundliche Sanierungsmethoden im Überblick

Anneliese Kranz 20 Dez 2025

Was passiert, wenn Altöl in den Boden gelangt?

Ein undichter Tank, ein altes Ölheizsystem oder ein undichter Kanal in einer Werkshalle - all das kann dazu führen, dass Mineralöl in den Boden sickert. Das ist kein seltenes Problem. In Deutschland liegt der Anteil von Ölkontaminationen bei rund 35 % aller sanierungsbedürftigen Flächen. Was viele nicht wissen: Schon kleine Mengen Öl können den Boden jahrzehntelang schädigen. Die Schadstoffe, vor allem die polycyclischen aromatischen Kohlenwasserstoffe (PAK), halten sich hartnäckig. Sie dringen tief ein, vergiften Mikroorganismen und machen das Grundwasser bedroht. Die Folge: Ein Grundstück wird unbrauchbar. Wer das nicht rechtzeitig angeht, riskiert nicht nur Umweltschäden, sondern auch hohe Strafen und Sanierungskosten.

Warum biologische Sanierung die beste Wahl ist

Früher hat man kontaminierten Boden einfach ausgehoben und auf eine Deponie gebracht. Heute weiß man: Das ist teuer, umweltschädlich und oft unnötig. Die effektivste und nachhaltigste Lösung ist die biologische Bodensanierung. Sie nutzt die Kraft der Natur - Mikroorganismen, die Öl als Nahrung nutzen und es in Wasser und Kohlendioxid zerlegen. Laut einem Leitfaden von 14 Forschungseinrichtungen erreichen diese Verfahren bei Mineralölkohlenwasserstoffen Abbauraten von 80 bis 95 %. Das ist deutlich besser als physikalisch-chemische Methoden wie Bodenwäsche, die nur 60 bis 80 % schaffen.

Und die Kosten? Bei biologischen Verfahren liegen sie zwischen 100 und 150 Euro pro Tonne Boden. Thermische Verfahren, bei denen der Boden auf über 400 °C erhitzt wird, kosten dagegen 250 bis 400 Euro pro Tonne. Wer langfristig denkt, wählt die biologische Variante. Sie ist nicht nur günstiger, sondern auch umweltfreundlicher. Kein Transport, kein Abfall, kein Energieverbrauch - nur natürliche Prozesse.

Wie funktioniert biologische Bodensanierung?

Es gibt zwei Hauptwege: ex situ und in situ. Beim ex situ-Verfahren wird der kontaminierte Boden ausgehoben, in eine Anlage transportiert und dort behandelt. Das ist aufwendig und teuer. In der Praxis wird es heute fast nur noch bei sehr stark kontaminierten oder kleineren Flächen eingesetzt.

Die Zukunft liegt in den in situ-Verfahren. Hier bleibt der Boden am Ort. Die Schadstoffe werden direkt im Boden abgebaut. Die gängigste Methode ist Bioventing: Luft wird gezielt in den Boden gepumpt. Das bringt Sauerstoff, den die Mikroorganismen brauchen, um das Öl zu zersetzen. Eine andere Methode nutzt Pflanzenöl. Bis zu 1.200 kg Pflanzenöl pro Tonne Boden werden eingebracht, um die Schadstoffe zu lösen und die Mikroben zu aktivieren. Die Ergebnisse sind beeindruckend: In Köln wurde eine Tankstellenfläche von 500 m² innerhalb von 8 Monaten von 12.500 mg/kg auf unter 500 mg/kg gereinigt - weit unter dem gesetzlichen Grenzwert.

Forscher untersuchen mikrobielle Abbauaktivität von Öl in Bodenproben im Labor.

Was muss vorher geprüft werden?

Nicht jede Fläche eignet sich für eine biologische Sanierung. Bevor losgelegt wird, braucht es eine detaillierte Untersuchung. Nach dem UFZ-Leitfaden müssen mindestens fünf Bodenproben pro 100 Quadratmeter genommen werden. Nur so kann man wissen, wie tief das Öl gesickert ist, wo die Konzentration am höchsten ist und welche Schadstoffe genau vorliegen.

Wichtig ist auch die Bodenbeschaffenheit. Sandige Böden lassen sich leichter sanieren als lehmige. Der Boden muss feucht genug sein - optimal 20 bis 30 % Wassergehalt. Die Temperatur sollte zwischen 15 und 25 °C liegen. Und der Sauerstoffgehalt muss mindestens 5 Vol.-% betragen. Ohne diese Bedingungen funktioniert die biologische Sanierung nicht. Ein falsch geplanter Ansatz führt zu teuren Fehlern. Das Umweltbundesamt hat in 12 von 100 Projekten zwischen 2015 und 2020 festgestellt, dass die Sanierung scheiterte, weil der Boden nicht gleichmäßig behandelt wurde.

Wie lange dauert die Sanierung?

Die biologische Sanierung ist nicht schnell. Sie braucht Zeit. Die aktive Behandlungsphase dauert meist sechs bis zwölf Monate. Das ist länger als bei thermischen Verfahren, die in zwei bis vier Monaten fertig sind. Aber: Sie ist nachhaltig. Und sie hinterlässt keine toxischen Rückstände.

Es gibt auch neue Entwicklungen, die die Zeit verkürzen. Die Firma SOWATEC hat in Linz ein IoT-Monitoring-System getestet, das Bodenfeuchte, Temperatur und Sauerstoffgehalt in Echtzeit misst und die Luftzufuhr automatisch anpasst. Das hat die Sanierungszeit um 25 % reduziert. Noch spannender ist die Forschung am Helmholtz-Zentrum in Leipzig: Wissenschaftler haben genetisch optimierte Mikroorganismen entwickelt, die Schweröle in nur vier Monaten zu 92 % abbauen. Das ist ein Durchbruch.

Unterirdische biologische Sanierung: Mikroben zersetzen Öl im Boden unter Sauerstoffzufuhr und Pflanzenölen.

Wann funktioniert biologische Sanierung nicht?

Es gibt Grenzen. Biologische Verfahren sind ineffektiv, wenn die Kontamination tiefer als fünf Meter reicht. Dann muss man andere Methoden kombinieren - etwa eine Bodenluftabsaugung oder eine chemische Oxidation. Auch bei extrem hohen Konzentrationen, über 5.000 mg/kg Trockenmasse, stoßen Mikroorganismen an ihre Grenzen. Dr. Manfred Schröder hat das auf der Bauhandwerk-Messe 2021 klar gesagt: „Bei starken Ölverschmutzungen braucht es oft eine Kombination aus biologischen und physikalischen Verfahren.“

Und: Biologische Sanierung hilft nicht bei Schwermetallen. Wenn Öl und Blei oder Cadmium zusammen auftreten, ist die Situation komplexer. Hier arbeitet die Forschung an Kombinationen mit geotextilen Systemen, die Schadstoffe binden. Prof. Ralf Stegmann sieht darin die Zukunft: „Die Kombination von biologischen Verfahren mit geotextilen Systemen wird die Standardlösung für Mehrfachkontaminationen.“

Was sagt das Gesetz?

Die Sanierung von kontaminierten Böden ist in Deutschland streng geregelt. Die Bundes-Bodenschutz- und Altlastenverordnung (BBodSchV) legt Grenzwerte fest: In Trinkwasserschutzgebieten darf der Mineralölkohlenwasserstoffgehalt nicht über 50 mg/kg liegen. Auf anderen Flächen, wie Industrie- oder Gewerbegrundstücken, sind 500 mg/kg erlaubt. Wer diese Grenzwerte überschreitet, muss sanieren - und zwar nach den geltenden technischen Regeln.

Und die Dokumentation? Die ist Pflicht. Mindestens drei Kontrollmessungen müssen während der Sanierung durchgeführt werden. Nach zwölf Monaten folgt eine abschließende Prüfung. Wer das nicht macht, riskiert rechtliche Konsequenzen. Die Behörden prüfen nicht nur die Ergebnisse, sondern auch die Prozesse. Ein sauber dokumentierter Sanierungsplan ist genauso wichtig wie das Ergebnis.

Die Zukunft der Bodensanierung

Der Markt für Bodensanierung in Deutschland ist groß - rund 1,2 Milliarden Euro pro Jahr. Davon entfallen 58 % auf biologische Verfahren, vor allem bei Ölkontaminationen. Der Trend geht klar in Richtung Digitalisierung und Effizienz. IoT-Sensoren, automatische Anpassungen, genetisch optimierte Bakterien - das sind keine Zukunftsträume mehr. Das sind heute schon angewendete Technologien.

Was bleibt? Die biologische Sanierung ist nicht die Lösung für alles. Aber für die meisten Ölverschmutzungen ist sie die beste. Sie ist kostengünstig, umweltverträglich und nachhaltig. Wer heute eine kontaminierte Fläche sanieren lässt, sollte nicht nur an die Kosten denken, sondern an die Zukunft. Denn ein sauberer Boden ist kein Luxus - er ist die Grundlage für jedes Leben darüber.