Regenwasser im Haus nutzen: Warum Trennung vom Trinkwasser nicht verhandelbar ist
Stell dir vor, du wäschst deine Wäsche, spülst die Toilette oder gießt deinen Garten mit Wasser, das vom Himmel kommt. Klingt nach Zukunftsmusik? In Österreich und Deutschland ist das längst Realität - und zwar für über 300.000 Haushalte. Doch wer Regenwasser im Haus nutzt, muss ein paar Regeln befolgen. Vor allem eine: Regenwasser und Trinkwasser dürfen niemals vermischt werden. Das ist nicht nur eine Empfehlung, das ist Gesetz. Und es hat einen guten Grund.
Denn Regenwasser ist kein Trinkwasser. Es sammelt Staub, Blätter, Vogelkot und Schadstoffe vom Dach. Selbst wenn es klar erscheint, enthält es Keime und Partikel, die in der Dusche oder am Waschbecken unbedenklich wären - aber nicht in der Toilette oder Waschmaschine. Deshalb braucht jedes System eine klare, sichtbare Trennung. Und das fängt schon bei der Planung an.
Wie funktioniert ein Regenwassernutzungssystem?
Ein Regenwassernutzungssystem ist kein komplizierter Roboter, sondern eine einfache, aber präzise Technik. Es besteht aus vier Hauptteilen: dem Dach, dem Tank, der Pumpe und den Leitungen.
- Das Dach sammelt das Wasser - je größer, desto mehr. Ein 80 m² Dach in Graz bringt bei durchschnittlichem Niederschlag (800 mm/Jahr) etwa 64.000 Liter pro Jahr. Das reicht für eine 4-Personen-Familie, um Toiletten zu spülen, die Waschmaschine zu füllen und den Garten zu bewässern.
- Das Wasser läuft über Fallrohre in einen Vorfilterschacht, der Blätter und Grobschmutz abhält. Danach fließt es in den Speicher - meist eine Zisterne aus Beton, Kunststoff oder Edelstahl. Die Standardgröße liegt zwischen 3.000 und 7.000 Litern. Für ein Einfamilienhaus mit 100 m² Dachfläche rechnet man: 100 × 25 = 2.500 Liter Mindestvolumen. Aber 5.000 Liter sind sicherer.
- Die Pumpe saugt das Wasser aus dem Tank und leitet es unter Druck zu den Verbrauchsstellen: WC, Waschmaschine, Gartenschlauch. Sie muss mindestens 0,5 bar Restdruck liefern - sonst fließt es nicht ordentlich. Moderne Systeme wie ACO Rain4me oder Premiertechaqua haben integrierte Drucküberwachung und automatische Trinkwassernachspeisung. Wenn der Tank leer ist, springt automatisch das Trinkwasser ein. Kein trockener Spülknopf, kein kalter Waschgang.
- Und hier kommt die Trennung: Alle Leitungen für Regenwasser müssen rot markiert sein. Das ist Pflicht nach DIN 1989-1. Rot = kein Trinkwasser. Keine Ausnahmen. Keine Kompromisse. Auch die Anschlüsse an Waschmaschine oder WC-Spülung sind speziell und dürfen nicht mit normalen Armaturen verwechselt werden.
Ein System für ein Einfamilienhaus kostet zwischen 3.500 und 8.500 Euro. Eine Standardanlage mit 5.000-Liter-Tank, Pumpe und Steuerung liegt bei etwa 4.200 Euro inklusive MwSt. Das klingt viel - aber es lohnt sich, wenn du die Einsparungen rechnest.
Regenwasser vs. Grauwasser: Was ist der Unterschied?
Während Regenwasser vom Himmel kommt, ist Grauwasser das Abwasser aus Dusche, Waschbecken und Waschmaschine. Beide werden als „nicht-trinkwasser“-Wasser genutzt - aber sie sind völlig verschieden.
| Merkmale | Regenwasser | Grauwasser |
|---|---|---|
| Quelle | Regen vom Dach | Abwasser aus Dusche, Waschbecken |
| Reinheit | Relativ sauber, keine organische Belastung | Voll mit Seife, Haaren, Hautschuppen |
| Bearbeitung | Filter (0,2 mm) reicht | Biologische Reinigung nötig (Bakterien, Membranen) |
| Wetterabhängigkeit | Ja - bei Trockenheit kein Wasser | Nein - immer verfügbar, egal ob Sonne oder Regen |
| Kosten (Einbau) | 3.500-8.500 € | 8.000-15.000 € |
| Wartungsaufwand | Wöchentlich Filter reinigen, jährlich Tank prüfen | Monatliche Filterwechsel, jährliche Reinigung der Bioreaktoren |
| Wirtschaftlichkeit in Graz | Sehr gut bei Niederschlag >700 mm/Jahr | Ab 500 mm/Jahr rentabel - auch bei trockeneren Jahren |
Regenwasser ist einfacher, günstiger und hygienisch sicherer. Grauwasser ist komplexer, teurer und braucht mehr Pflege. Aber es funktioniert auch, wenn es lange nicht geregnet hat. In Österreich, wo der Niederschlag oft unregelmäßig ist, entscheiden viele Hausbesitzer für Regenwasser - weil es weniger Aufwand macht. Wer aber eine hohe, konstante Nutzung braucht - etwa bei einer großen Familie mit täglichem Duschen -, der sollte Grauwasser prüfen.
Warum du die Trennung nicht ignorieren darfst
Es gibt Leute, die denken: „Ich baue einfach einen Schlauch vom Regenwassertank zur Toilette - fertig.“ Das ist gefährlich. Und illegal.
Die DIN 1989-1 schreibt vor: Regenwasserleitungen müssen physisch und optisch vom Trinkwassersystem getrennt sein. Das bedeutet: keine gemeinsamen Leitungen, keine Kreuzverbindungen, keine Schlauchanschlüsse mit Standardarmaturen. Die Farbmarkierung „rot“ ist kein Deko-Element - sie ist ein Lebensschutz.
Warum? Weil eine Verunreinigung des Trinkwassers schwerwiegende Folgen haben kann. Ein Fall aus dem Jahr 2021 in Salzburg: Ein Hausbesitzer hatte eine unsachgemäß installierte Regenwasserleitung an die Waschmaschine angeschlossen. Ein Ventil versagte. Regenwasser mit Bakterien gelangte in die Trinkwasserleitung. Drei Personen erkrankten an Magen-Darm-Infektionen. Die Folge: Der Wasserversorger musste das ganze Quartal spülen, die Reparatur kostete 12.000 Euro - und der Hausbesitzer bekam eine Geldstrafe von 5.000 Euro.
Das ist kein Einzelfall. Deshalb verlangen die Gesundheitsämter in ganz Österreich eine schriftliche Genehmigung, bevor du ein System einbaust. Du musst den Wasserversorger und das Gesundheitsamt informieren - und nachweisen, dass du die Trennung korrekt planst. Ohne Genehmigung darfst du nicht bauen.
Wie viel sparst du wirklich?
Ein Einfamilienhaus in Graz mit 120 m² Dachfläche und vier Bewohnern verbraucht durchschnittlich 160 Liter Trinkwasser pro Person und Tag. Das sind 58.400 Liter pro Jahr. Mit Regenwasser für WC-Spülung und Waschmaschine kannst du bis zu 50% davon ersetzen - also knapp 30.000 Liter.
Rechnen wir das Geld aus:
- Trinkwasser: 2,15 €/m³
- Abwassergebühr: 2,80 €/m³
- Sparsam genutztes Regenwasser: 30 m³/Jahr
- Einsparung: 30 × (2,15 + 2,80) = 148,50 € pro Jahr
Das klingt nicht nach viel. Aber es gibt noch einen zweiten Sparfaktor: die gesplittete Abwassergebühr. In vielen Gemeinden in Österreich - inklusive Graz - wird die Abwassergebühr jetzt getrennt berechnet: einmal für Schmutzwasser (aus der Toilette, der Dusche) und einmal für Niederschlagswasser (Regen vom Dach). Wenn du Regenwasser im Haus nutzt, fließt weniger Regenwasser in die Kanalisation. Das senkt deine Niederschlagswassergebühr - oft um 30-50%.
Ein Fall aus München: Ein Hausbesitzer sparte 48% Trinkwasser und reduzierte seine Niederschlagswassergebühr um 42%. Die Gesamteinsparung: 285 € pro Jahr. In Graz, wo die Gebühren ähnlich hoch sind, ist das realistisch.
Und das ist nur der Anfang. In den nächsten Jahren werden die Gebühren weiter steigen. Die Kommunen brauchen Geld für die Sanierung ihrer Kanalisation - und sie verlangen von Hausbesitzern, dass sie Regenwasser zurückhalten. Wer jetzt baut, spart später doppelt.
Wann lohnt sich Regenwasser - und wann nicht?
Nicht jedes Haus ist dafür geeignet. Hier sind die klaren Kriterien:
- Loht es? Ja, wenn:
- Du ein Einfamilienhaus mit Dachfläche >80 m² hast
- Du einen Garten hast (oder ihn gießen willst)
- Du mindestens zwei WC-Spülungen pro Tag brauchst
- Du in einer Region mit jährlichem Niederschlag über 700 mm lebst (Graz: 820 mm)
- Du ein Neubau hast (Installation ist 30-40% günstiger als bei Sanierung)
- Loht es nicht? Nein, wenn:
- Du in einer Wohnung mit 20 m² Balkon wohnst
- Du keine Möglichkeit hast, eine zweite Leitung zu verlegen
- Du nur ein WC und keine Waschmaschine hast
- Du in einer Region mit weniger als 500 mm Niederschlag lebst (z.B. Osttirol)
Und: Wenn du eine Sanierung planst, musst du die Wände aufschlagen, um die roten Leitungen zu verlegen. Das kostet Zeit, Geld und macht Dreck. Bei Neubauten wird das System in den Rohbau integriert - da ist es fast unsichtbar und preiswerter.
Was du nach dem Einbau tun musst
Ein System zu installieren ist nur die halbe Arbeit. Du musst es auch pflegen.
- Jeden Monat: Den Vorfilterschacht reinigen - besonders im Herbst, wenn Blätter fallen.
- Jedes Quartal: Den Feinfilter (0,2 mm) abspülen oder wechseln. Das kostet 20-30 Euro pro Jahr.
- Jährlich: Den Tank von innen prüfen. Schleim, Algen, Sedimente? Dann muss er gereinigt werden. Das macht ein Fachmann - kostet 150-250 Euro.
- Jedes 5. Jahr: Komplette Tankreinigung mit Hochdruckspülung. Nicht selbst machen - das ist gefährlich und braucht Spezialausrüstung.
- Alle 10 Jahre: Pumpe prüfen oder austauschen. Moderne Pumpen halten 15-20 Jahre.
Die Wartung ist nicht teuer - aber sie ist notwendig. Wer sie ignoriert, riskiert verstopfte Filter, defekte Pumpen und schließlich eine Verschmutzung des Systems. Einige Nutzer berichten auf Foren von Reparaturkosten von über 1.200 Euro, weil sie „nur mal vergessen“ haben, den Filter zu reinigen.
Was kommt als Nächstes?
Die Technik wird smarter. ACO hat 2022 das Rain4me Smart-System vorgestellt - eine App, die dir zeigt, wie voll dein Tank ist, wie viel Wasser du gespart hast und wann du den Filter wechseln musst. Das Umweltbundesamt arbeitet an einer neuen Bewertungsmethode, die nicht nur wirtschaftlich, sondern auch ökologisch und sozial misst, ob ein System wirklich nachhaltig ist.
Langfristig wird Regenwassernutzung nicht mehr eine „Öko-Option“ sein - sondern Standard. Der Klimawandel bringt längere Trockenperioden, aber auch stärkere Regenfälle. Städte wie Wien, Graz oder Linz müssen ihre Kanalisation entlasten. Deshalb wird es bald Vorschriften geben: Bei jedem Neubau muss ein Regenwasserspeicher mit mindestens 3.000 Litern eingebaut werden. Wer nicht baut, zahlt eine Gebühr.
Wer jetzt einsteigt, profitiert - nicht nur vom Geld, sondern von der Sicherheit. Denn wer sein Wasser selbst steuert, ist weniger abhängig von Preiserhöhungen, Engpässen und Versorgungsproblemen.
Darf ich Regenwasser zum Waschen von Obst und Gemüse verwenden?
Nein. Regenwasser ist nicht für den direkten Kontakt mit Lebensmitteln zugelassen. Selbst wenn es klar erscheint, enthält es Mikroben und Schadstoffe vom Dach. Für Obst, Gemüse oder Trinkwasser gilt: Nur Trinkwasser. Regenwasser ist nur für WC, Waschmaschine und Garten erlaubt.
Kann ich Regenwasser in die Waschmaschine leiten, wenn ich keine separate Leitung habe?
Nein. Das ist nicht nur unsicher - es ist verboten. Jede Waschmaschine, die mit Regenwasser betrieben wird, muss über einen separaten, rot markierten Anschluss verfügen. Ein Schlauch oder ein Umbau am Wasserhahn ist nicht zulässig. Die Trennung vom Trinkwassersystem ist gesetzlich vorgeschrieben und wird bei Prüfungen kontrolliert.
Wie groß muss mein Regenwassertank sein?
Als Faustregel: 25 Liter pro Quadratmeter Dachfläche. Bei 100 m² Dachfläche brauchst du mindestens 2.500 Liter. Empfehlenswert sind 5.000 bis 7.000 Liter, besonders wenn du den Garten bewässern willst. Ein zu kleiner Tank führt zu häufigen Leerkäufen - und dann springt das Trinkwasser ein. Das schmälert die Einsparung.
Welche Farbe müssen die Regenwasserleitungen haben?
Rot. Das ist gesetzlich vorgeschrieben nach DIN 1989-1. Alle Leitungen, Armaturen und Anschlüsse für Regenwasser müssen rot gekennzeichnet sein. Das verhindert Verwechslungen mit dem Trinkwassersystem. Keine Ausnahmen. Keine Kompromisse.
Bekomme ich Förderung für ein Regenwassersystem?
In Österreich gibt es keine bundesweite Förderung, aber viele Gemeinden fördern Regenwassernutzung. In Graz, Linz oder Salzburg kannst du bis zu 1.000 Euro Zuschuss erhalten - wenn du die Anlage bei der Stadt meldest und die Vorgaben erfüllst. Frag beim Magistrat oder der Gemeindeverwaltung nach. Oft ist die Förderung nur für Neubauten oder bei Sanierungen mit Dachdämmung verfügbar.
Kann ich Regenwasser auch für die Dusche nutzen?
Nein. Duschen ist ein direkter Körperkontakt. Regenwasser ist nicht steril und enthält Keime, die bei offenen Wunden oder empfindlicher Haut zu Infektionen führen können. Selbst bei aufbereitetem Grauwasser ist das nicht erlaubt. Nur Trinkwasser darf für Dusche, Waschbecken und Küche verwendet werden.