Wenn du in einer Mietwohnung lebst und dein Vermieter eine Modernisierung plant, fühlst du dich oft überrumpelt. Die Wand wird abgebrochen, die Fenster raus, die Heizung wird ausgetauscht - und plötzlich steht eine Mieterhöhung auf der Rechnung. Aber du hast Rechte. Und dein Vermieter hat Pflichten. Es geht nicht darum, sich zu wehren, sondern gemeinsam eine sinnvolle Modernisierung zu gestalten - ohne dass du am Ende mehr zahlen musst, als du bekommst.
Was ist überhaupt eine Modernisierung?
Nicht jede Reparatur ist eine Modernisierung. Wenn dein Vermieter eine kaputte Heizung einfach durch eine neue ersetzt, die genauso funktioniert wie die alte, dann ist das Instandhaltung. Das muss er machen, und du zahlst nichts extra. Aber wenn er eine alte Heizung durch eine moderne Wärmepumpe ersetzt, die 40 Prozent weniger Energie verbraucht - das ist Modernisierung. Dasselbe gilt für neue Fenster mit Dreifachverglasung, eine Fassadendämmung oder den Einbau eines Aufzugs. Alles, was deine Wohnung besser macht als vorher, zählt als Modernisierung.Das Gesetz sagt klar: Modernisierungen müssen nachhaltig wirken. Das heißt, sie müssen Energie sparen, den Wasserverbrauch senken oder den Gebrauchswert der Wohnung dauerhaft erhöhen. Ein neuer Bodenbelag aus Holz? Nur, wenn er Teil einer größeren Sanierung ist. Ein neuer Kühlschrank? Keine Modernisierung. Das ist reine Ausstattung.
Deine Rechte - und was dein Vermieter tun muss
Dein Vermieter kann nicht einfach loslegen. Er muss dich rechtzeitig und vollständig informieren. Das bedeutet: Spätestens drei Monate vor Baubeginn muss er dir eine schriftliche Ankündigung zukommen lassen. Diese muss enthalten:- Art und Umfang der Maßnahme (z. B. „Austausch aller Fenster auf Dreifachverglasung“)
- Wann die Arbeiten beginnen und wie lange sie dauern
- Wie viel die Modernisierung kostet
- Wie hoch die Mieterhöhung ausfällt - und wie sie berechnet wurde
Und er muss dir auch sagen: „Du kannst Einspruch einlegen, wenn dir das zu viel ist.“ Das ist kein Nebensatz - das ist ein gesetzliches Recht. Viele Vermieter unterschätzen das. Sie schreiben nur: „Wir modernisieren, die Miete steigt um 2 Euro.“ Keine Kostenaufstellung, keine Begründung. Dann ist die Erhöhung rechtlich nicht haltbar.
Ein Beispiel aus Graz: Ein Mieter bekam eine Ankündigung über Fensteraustausch mit einer Mieterhöhung von 2,80 Euro pro Quadratmeter. Er fragte nach den Belegen - der Vermieter konnte nur eine grobe Kostensumme nennen, keine Rechnungen, keine Aufstellung pro Wohnung. Nach Einschaltung des Mietervereins wurde die Erhöhung auf 1,90 Euro reduziert. Die Differenz von fast einem Euro pro Quadratmeter kam von fehlender Dokumentation.
Wie viel darf die Miete steigen?
Hier kommt die große Regel: 8 Prozent der Modernisierungskosten pro Jahr dürfen auf die Jahreskaltmiete umgelegt werden. Das ist die Grundgrenze. Aber es gibt eine noch wichtigere: 3 Euro pro Quadratmeter innerhalb von sechs Jahren. Das ist die Kappungsgrenze. Sie gilt für alle Modernisierungen zusammen, die du in sechs Jahren erlebst.Stell dir vor, deine Wohnung ist 70 Quadratmeter groß. In drei Jahren wird die Fassade gedämmt - die Miete steigt um 1,50 Euro/qm. Dann kommt der Fensteraustausch - 1,20 Euro/qm. Insgesamt sind das 2,70 Euro/qm. Du bist noch unter der 3-Euro-Grenze. Aber wenn jetzt noch eine neue Heizung kommt, die 1 Euro/qm kostet, dann überschreitest du die Grenze. Der Vermieter darf nur noch 0,30 Euro/qm mehr verlangen - nicht den vollen Betrag.
Bei energetischen Modernisierungen gibt es eine Sonderregel: Wenn dein Vermieter Fördergelder vom Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) bekommt - zum Beispiel für eine Wärmepumpe -, dann darf er 10 Prozent der Nettokosten (also abzüglich der Förderung) auf die Miete umlegen. Aber: Er muss nachweisen, dass die Heizung eine Jahresarbeitszahl von mindestens 2,5 hat. Sonst darf er nur die Hälfte der Kosten umlegen. Das ist neu seit Januar 2024 und schützt dich vor teuren, ineffizienten Heizungen.
Was du tun kannst: Der Härteeinwand
Du hast ein Jahr Zeit, um gegen die Mieterhöhung zu protestieren - aber nur einen Monat, um einen Härteeinwand einzulegen. Das ist dein wichtigstes Werkzeug. Ein Härteeinwand ist kein Widerspruch gegen die Modernisierung - das darfst du nicht. Du kannst nur sagen: „Die Erhöhung trifft mich unverhältnismäßig hart.“Wann ist das der Fall? Wenn du Hartz IV bekommst, wenn du Rente lebst und deine Wohnung schon jetzt fast dein ganzes Einkommen frisst, wenn du krank bist und dich nicht umziehen kannst, oder wenn du ein Kind hast und die Miete dann auf 1.200 Euro steigt, obwohl du nur 1.100 Euro verdienst. Du musst das nicht beweisen - aber du musst es erklären. Schreibe eine kurze Mail oder einen Brief: „Ich kann die Miete nicht bezahlen, weil ich nur 1.050 Euro Rente beziehe. Die Erhöhung um 1,80 Euro/qm macht 126 Euro aus. Das ist ein Viertel meines monatlichen Einkommens.“
Ein Gericht in Berlin hat 2021 entschieden: Der Vermieter muss dich darauf hinweisen, dass du einen Härteeinwand einlegen kannst. Wenn er das nicht tut, ist der Härteeinwand auch nach Ablauf des Monats noch gültig. Das ist ein wichtiger Schutz.
Warum Kommunikation alles verändert
Die meisten Konflikte entstehen nicht wegen der Miete - sondern wegen der Überraschung. Ein Mieter aus Linz berichtete: „Ich wusste gar nicht, dass die Heizung ausgetauscht wird. Als ich am Morgen aufstand, war der Boden voller Staub, die Heizung war abgeschaltet - und erst nach drei Tagen kam die schriftliche Ankündigung.“Studien zeigen: Wenn Vermieter früh mit Mietern sprechen, sinken Konflikte um 37 Prozent. Ein guter Vermieter lädt dich zu einem Gespräch ein. Er sagt: „Wir planen eine Dämmung. Das wird unangenehm sein, aber deine Heizkosten sinken um 30 Prozent. Hier ist die Rechnung, hier ist die Förderung - was hältst du davon?“
Du kannst auch vorschlagen: „Können wir die Arbeiten im Sommer machen, damit wir nicht im Winter ohne Heizung sitzen?“ Oder: „Könnte der Fensteraustausch in zwei Phasen erfolgen, damit wir nicht alle Fenster auf einmal verlieren?“
Ein Vermieter, der offen ist, bekommt auch mehr Unterstützung. Mieter, die sich einbezogen fühlen, dulden Unannehmlichkeiten viel geduldiger. Und das ist für beide Seiten besser.
Was du als Mieter tun solltest
- Prüfe jede Ankündigung auf Vollständigkeit - fehlt etwas? Dann schreibe zurück.
- Rechne die Mieterhöhung nach: 8 % der Kosten geteilt durch die Kaltmiete. Ist das höher als 3 Euro/qm in 6 Jahren? Dann ist die Erhöhung zu hoch.
- Frage nach Belegen: Rechnungen, Förderbescheide, Energieausweise. Ohne Belege ist die Erhöhung ungültig.
- Wenn du unsicher bist: Rufe den Mieterverein an. In Österreich ist das der Verband der Mieter Österreichs, in Deutschland der Deutsche Mieterbund. Sie helfen kostenlos.
- Wenn du einen Härteeinwand einreichen willst - tu es innerhalb eines Monats. Schreib es auf, unterschreib es, schicke es per Einschreiben.
Was dein Vermieter tun sollte - und warum er es tun sollte
Ein guter Vermieter weiß: Modernisierung ist keine Belastung, sondern eine Investition. In einem Haus mit guter Dämmung und neuen Fenstern bleiben Mieter länger. Die Wohnung wird seltener leer. Die Reparaturkosten sinken. Und die Miete bleibt stabiler.Er sollte:
- Fördermittel prüfen - das BAFA, die KfW, die Länderprogramme - oft gibt es Zuschüsse von bis zu 50 Prozent.
- Die Kosten genau dokumentieren - jede Rechnung, jede Bestellung, jede Lieferung.
- Den Mieter früh einbinden - nicht erst drei Monate vorher, sondern sechs Monate vorher.
- Die Vorteile erklären: „Das spart dir 200 Euro im Jahr an Heizkosten.“
- Nicht die volle 8 Prozent nehmen - 5 oder 6 Prozent sind oft genug, und du behältst deinen Mieter.
Ein Vermieter aus Salzburg hat 2023 in zehn Wohnungen die Fenster ausgetauscht. Er nahm nur 1,20 Euro/qm an Erhöhung - und hat seitdem keinen einzigen Mieter verloren. Seine Heizkosten sind um 35 Prozent gesunken. Die Wohnung ist jetzt leichter zu vermieten. Er hat gewonnen - und seine Mieter auch.
Die Zukunft: Was kommt noch?
Das Gebäudeenergiegesetz (GEG) verlangt bis 2045, dass fast alle Gebäude klimaneutral sind. Das bedeutet: Mehr Modernisierungen. Mehr Fenster. Mehr Dämmung. Mehr Wärmepumpen. Aber auch: Mehr Rechte für Mieter. Die Regierung plant, die Kappungsgrenze von 3 Euro/qm auf 4 Euro/qm anzuheben - aber nur, wenn die Modernisierung wirklich Energie spart.Die Kosten für Modernisierungen sind seit 2021 um 18,7 Prozent gestiegen. Holz, Fenster, Dämmmaterial - alles teurer. Aber das heißt nicht, dass du alles zahlen musst. Du musst nur das zahlen, was gesetzlich erlaubt ist. Und du hast das Recht, darauf zu achten, dass es fair ist.
Modernisierung ist kein Kampf zwischen Mieter und Vermieter. Es ist ein gemeinsames Projekt. Wer es richtig macht, gewinnt - und zwar beide Seiten.