Wenn du selbst baut, renovierst oder reparierst, dann leistest du Eigenleistung. Das klingt erstmal wie eine gute Sache - du sparst Geld, bist selbstständig, und vielleicht bekommst du sogar Fördergelder oder eine höhere Finanzierungszusage von der Bank. Aber nur, wenn du sie richtig dokumentierst. Ohne ordentliche Nachweise ist deine Eigenleistung wertlos. Keine Bank, kein Versicherer, kein Finanzamt nimmt sie an. Und das passiert öfter, als du denkst.
Warum du deine Eigenleistung dokumentieren musst
Eigenleistung ist nicht einfach „ich hab was gemacht“. Sie ist ein wirtschaftlicher Wert, der in der Bilanz erfasst wird. Laut § 248 Nr. 4 HGB und § 266 Abs. 2 HGB muss ein Unternehmen - oder ein privater Bauherr, der ein Wirtschaftsgut selbst erstellt - diese Leistungen nachweisen, wenn er sie als Vermögenswert verbuchen will. Das heißt: Wenn du deine Garage selbst gebaut hast und die Bank das als Eigenkapital zählt, musst du beweisen, dass du wirklich gearbeitet hast, wie viel Zeit du investiert hast und was du dafür an Material gekauft hast. Im Versicherungsfall ist es noch entscheidender. Wenn dein Dach nach einem Sturm einbricht und du selbst die Reparatur machst, dann will die Versicherung wissen: Was hast du wirklich gemacht? Wie viel wäre ein Handwerker dafür berechnet haben? Ohne Nachweise bekommst du kein Geld. Die Deutsche Schadenshilfe hat in 2023 festgestellt, dass 68 Prozent der abgelehnten Eigenleistungs-Anträge an fehlenden oder unzureichenden Dokumenten lagen.Drei Säulen der Dokumentation: Fotos, Stundenzettel, Materialbelege
Es gibt drei Säulen, die zusammenhalten, was du als Eigenleistung geltend machen willst. Keine davon reicht allein. Du brauchst alle drei.1. Fotos: Der visuelle Beweis
Fotos sind dein stärkster Nachweis. Sie zeigen: Du hast es wirklich gemacht. Nicht nur, dass du etwas getan hast - sondern auch, wie du es getan hast. Die Deutsche Steuerberatervereinigung (DStV) schreibt klar: Bei Eigenleistungen über 5.000 Euro sind zeitnahe Fotos obligatorisch. Was brauchst du?- Mindestens drei Fotos pro Arbeitsschritt - vorher, während, nachher.
- Datum und Uhrzeit in den Metadaten (nicht nur im Dateinamen).
- Eine Maßstab-Hilfe: Ein Lineal, ein Zollstock, ein bekanntes Objekt (z.B. eine Standard-Tür von 2,05 m Höhe) im Bild, damit die Größe nachvollziehbar ist.
- Keine Selfies mit Werkzeug - das zählt nicht. Zeige die Arbeit, nicht dich.
2. Stundenzettel: Der zeitliche Nachweis
Wie viel Zeit hast du investiert? Das ist der zweite Schlüssel. Die Bank oder das Förderamt rechnet das mit einem kalkulatorischen Stundensatz um - meist 15 Euro pro Stunde. Das ist nicht dein tatsächlicher Lohn, sondern ein Standardwert, der für ehrenamtliche Arbeit gilt. Was muss dein Stundenzettel enthalten?- Datum und Uhrzeit (Start und Ende pro Tag)
- Genau beschriebene Tätigkeit (z.B. „Betonieren der Fundamente“, „Verlegen der Dachdämmung“)
- Gesamtstunden pro Arbeitsschritt
- Unterschrift
3. Materialbelege: Der finanzielle Nachweis
Du hast nicht nur Zeit investiert - du hast auch Geld ausgegeben. Das Material ist Teil der Eigenleistung. Aber: Nur, wenn du die Belege hast. Was zählt?- Rechnungen von Baumärkten, Händlern, Lieferanten
- Belege mit genauer Beschreibung der Ware (nicht nur „Baumaterial“)
- Belege mit Datum und deinem Namen (oder dem des Bauvorhabens)
- Alle Belege müssen zu den Fotos und Stundenzetteln passen
Was du nicht tun darfst
Es gibt drei große Fallstricke, die viele erleben - und die du vermeiden musst.- Nicht mit dem Architekten absprechen: Viele Bauherren machen ihre Eigenleistung einfach - und vergessen, den Architekten oder die Bank zu informieren. Das ist ein Fehler. Die Bank muss wissen, welche Arbeiten du selbst machst. Sonst zählt sie sie nicht als Eigenkapital. Der Fall „Selbermacher87“ auf bauexperten.com: 70 Prozent seiner Eigenleistung abgelehnt - weil er nichts mit dem Architekten abgesprochen hatte.
- Keine fachliche Qualität prüfen: Die Versicherungswirtschaft warnt: Schäden durch fachlich ungenügende Eigenleistungen sind in den letzten zwei Jahren um 34 Prozent gestiegen. Wenn du eine Elektroinstallation selbst machst, aber keine Ausbildung hast, kann das zur Gefahr werden. Und die Versicherung zahlt nicht, wenn der Schaden auf deine mangelhafte Arbeit zurückgeht.
- Alles auf einmal dokumentieren: Du machst drei Monate Arbeit, dann schreibst du einen Stundenzettel und suchst Fotos raus. Das funktioniert nicht. Die Dokumentation muss zeitnah erfolgen. Sonst vergisst du, was du wann gemacht hast. Der durchschnittliche Zeitaufwand für Dokumentation liegt bei 15 Prozent der Arbeitszeit - aber mit digitalen Tools sinkt er auf 8 Prozent.
Wie du deine Eigenleistung in der Finanzierung nutzen kannst
Die „Muskelhypothek“ ist kein Mythos. Du kannst bis zu 30 Prozent der Baukosten sparen - wenn du deine Eigenleistung richtig dokumentierst. Banken akzeptieren sie als Eigenkapital. Das bedeutet: Du brauchst weniger Fremdkapital. Und das senkt deine Zinsen und deine monatlichen Raten. Aber: Es gibt Grenzen. Die meisten Banken akzeptieren nur bis zu 50 Prozent der Eigenleistung als Eigenkapital. Und nur, wenn du alle drei Nachweise vorlegst. Die Deutsche Bundesbank hat 2024 neue Leitfäden veröffentlicht: Digitale Nachweise sind jetzt Standard. Handschriftliche Zettel sind kein Problem - aber sie müssen klar lesbar und vollständig sein. Ein Beispiel: Du baust ein Einfamilienhaus mit 300.000 Euro Gesamtkosten. Du machst 50.000 Euro Eigenleistung - dokumentiert mit Fotos, Stundenzetteln und Materialbelegen. Die Bank zählt das als 25.000 Euro Eigenkapital (50 Prozent). Das bedeutet: Du musst nur 275.000 Euro finanzieren - nicht 300.000. Das spart dir jährlich über 1.000 Euro Zinsen.Was sich 2025 ändert - und warum du jetzt handeln solltest
Die Digitalisierung beschleunigt sich. Die Bundesregierung fördert seit Januar 2024 digitale Dokumentation mit bis zu 500 Euro pro Projekt. Die Berliner Sparkasse hat einen KI-Test gestartet: Mit KI werden Fotos automatisch auf Vollständigkeit geprüft, Stundenzettel auf Plausibilität. Die Bearbeitungszeit sinkt von 28 auf 9 Tage. Die Europäische Kommission plant bis Mitte 2025 EU-weite Standards. Das heißt: Was du heute dokumentierst, muss in zwei Jahren noch gültig sein. Die neue Vorlage der Deutschen Steuerberaterkammer - die von 87 Prozent der Steuerberater bereits genutzt wird - ist ein guter Ausgangspunkt. Nutze sie. Sie ist kostenlos online verfügbar. Und: Die Anerkennungsquote steigt. 2022 hat nur jede zweite Bank Eigenleistung akzeptiert. Heute sind es 67 Prozent. Bis 2026 wird sie auf 78 Prozent steigen - laut Institut der deutschen Wirtschaft Köln. Aber: Nur bei digital dokumentierten Projekten.
Dein Checkliste: So dokumentierst du deine Eigenleistung richtig
- ✅ Beginne mit der Dokumentation vor dem ersten Arbeitsschritt.
- ✅ Sprich mit deiner Bank oder deinem Architekten - was wird akzeptiert?
- ✅ Nutze eine App für Stundenzettel (Toggl Track, Baukind).
- ✅ Mache mindestens drei Fotos pro Arbeitsschritt - mit Maßstab und Datum.
- ✅ Sammle alle Materialbelege - digital und in Ordnern.
- ✅ Prüfe deine Unterlagen vor jeder Einreichung mit der Vorlage der Deutschen Steuerberaterkammer.
- ✅ Speichere alles in der Cloud - nicht nur auf deinem Handy.
Frequently Asked Questions
Kann ich Eigenleistung auch bei einer Bestandsimmobilie dokumentieren?
Ja. Eigenleistung ist nicht nur beim Neubau relevant. Wenn du eine alte Wohnung renovierst und die Arbeiten selbst machst, kannst du sie als Aufwand verbuchen - zum Beispiel für die Steuererklärung oder wenn du später verkaufst. Die gleichen Nachweise gelten: Fotos, Stundenzettel, Materialbelege. Die Finanzämter prüfen das besonders genau bei Sanierungen, die steuerlich absetzbar sind.
Was passiert, wenn ich die Dokumentation verliere?
Dann ist die Eigenleistung nicht mehr nachweisbar. Keine Bank, kein Versicherer, kein Förderprogramm akzeptiert sie. Das ist der größte Risikofaktor. Deshalb: Backup machen. Speichere alle Dateien in mindestens zwei Orten - z.B. Cloud (Google Drive, Dropbox) und externe Festplatte. Drucke wichtige Stundenzettel aus und leg sie in eine Mappe. Du kannst sie nicht immer neu erstellen - die Arbeit ist vorbei. Die Dokumentation ist dein einziger Beweis.
Darf ich meine Eigenleistung auch für andere Personen geltend machen?
Nein. Eigenleistung ist immer deine eigene Arbeit. Wenn dein Bruder hilft, zählt das nicht als deine Eigenleistung - es sei denn, er ist im Vertrag als Bauherr genannt. Auch bei gemeinsamen Projekten mit Partner:innen muss jeder seinen eigenen Nachweis führen. Die Bank prüft die Namen auf den Belegen und Stundenzetteln. Kein Tausch, kein gemeinsamer Nachweis - das ist kein legaler Weg.
Wie hoch ist der maximale Wert, den ich als Eigenleistung einbringen kann?
Es gibt keine gesetzliche Obergrenze. Aber: Die Banken setzen eigene Grenzen. Meistens akzeptieren sie bis zu 50 Prozent der Gesamtkosten als Eigenleistung. Bei Förderprogrammen wie dem KfW-Programm „Energieeffizient Bauen“ ist die Obergrenze oft auf 15.000 Euro pro Projekt begrenzt. Der kalkulatorische Stundensatz liegt bei 15 Euro pro Stunde. Das bedeutet: Maximal 1.000 Stunden können als Eigenleistung angerechnet werden - das sind 15.000 Euro.
Muss ich die Eigenleistung in der Steuererklärung angeben?
Nur, wenn du sie als Anschaffungskosten für ein Wirtschaftsgut verbuchst - z.B. bei einem vermieteten Objekt. Für dein Eigenheim musst du sie nicht in der Einkommensteuererklärung angeben. Aber: Wenn du später verkaufst, kann die Eigenleistung die Anschaffungskosten erhöhen - und damit die Gewinnsteuer senken. Dafür brauchst du die Dokumentation. Ohne sie ist der Wert nicht nachweisbar. Und dann zählst du nur den Kaufpreis - nicht deine Arbeit.
christoph reif
Dezember 13, 2025 AT 05:47