Drone-Inspektion bei Dächern: So sichern und dokumentieren Sie Schäden richtig

Drone-Inspektion bei Dächern: So sichern und dokumentieren Sie Schäden richtig

Anneliese Kranz 21 Dez 2025

Stellen Sie sich vor, Sie müssen ein Dach auf Schäden prüfen - aber statt auf einer Leiter zu klettern, sitzen Sie sicher am Boden und sehen jede kaputte Ziegelreihe, jeden Riss im Dachziegel oder jede feuchte Stelle am Dachstuhl auf Ihrem Tablet. Das ist keine Zukunftsvision. Das passiert heute in Österreich und Deutschland - und es verändert die Art, wie Dachdecker, Versicherungsgutachter und Facility-Manager arbeiten. Drohnen-Dachinspektion ist kein Trend mehr. Es ist die neue Standardmethode, um Dächer sicher, schnell und detailliert zu untersuchen.

Warum Drohnen die Dachinspektion revolutionieren

Traditionell wurden Dächer mit Leitern, Gerüsten oder Seilzugängen begutachtet. Das war gefährlich. Laut BG BAU waren Stürze von Dächern 2023 mit 25,3 % der häufigste Todesgrund im Baugewerbe. Jeder zweite Unfall passiert, weil jemand auf einer rutschigen Ziegelreihe ausrutscht oder eine Leiter kippt. Drohnen eliminieren diese Gefahr komplett. Der Pilot bleibt auf dem Boden. Die Drohne fliegt. Und sie sieht Dinge, die das menschliche Auge nicht erkennt.

Moderne Inspektionsdrohnen wie die DJI Mavic 3 Enterprise oder die Phantom 4 RTK haben Kameras mit bis zu 20 Megapixel Auflösung. Bei einer Flughöhe von 30 bis 50 Metern zeigen sie jedes Detail mit einer Genauigkeit von 0,5 bis 2 cm pro Pixel. Das bedeutet: Ein Riss von nur 3 mm Breite wird sichtbar. Thermografische Sensoren zeigen Wärmeverluste oder Feuchtigkeit hinter Dachziegeln - selbst wenn das Dach von außen trocken wirkt. Und mit Photogrammetrie-Software wie Pix4Dmapper wird aus Hunderten Einzelfotos ein präzises 3D-Modell des gesamten Daches. Das Modell lässt sich drehen, vergrößern, messen - und als digitales Gutachten speichern.

Wie funktioniert eine Drohnen-Dachinspektion?

Es ist kein einfaches „Drohne starten und filmen“. Eine professionelle Inspektion folgt einem klaren Ablauf.

  1. Flugvorbereitung: Wetter prüfen - kein Wind über 3 Beaufort, kein Regen, keine Nebel. Elektromagnetische Störungen durch Hochspannungsleitungen vermeiden.
  2. Flugroute planen: Mit Software wie DJI Pilot 2 wird eine automatische Flugroute programmiert. Die Drohne fliegt in festgelegten Höhen und Abständen, mit 40-60 % Bildüberlappung. So entstehen lückenlose Orthofotos.
  3. Inspektionsmodi nutzen: Spezielle Modi wie „Orbit“ oder „Structure Scan“ umkreisen Schornsteine, Dachfirste oder Dachgauben komplett. So werden alle Seiten erfasst - auch die schwer zugänglichen.
  4. Bilder sammeln: Je nach Dachgröße werden 20 bis 100 Fotos aufgenommen. Jedes Bild trägt einen Zeitstempel und GPS-Koordinaten - wichtig für die Dokumentation.
  5. Daten verarbeiten: Die Fotos werden in Software wie Pix4D oder DroneDeploy zu einem 3D-Modell zusammengefügt. Schäden werden markiert, Messungen vorgenommen, Berichte generiert.
Das ganze Verfahren dauert bei einem durchschnittlichen Einfamilienhaus etwa 45 Minuten - inklusive Vorbereitung. Mit einer Leiter wäre das mindestens drei Stunden Arbeit - und viel riskanter.

Was muss man rechtlich beachten?

In Deutschland und Österreich ist die Nutzung von Drohnen streng geregelt. Wer eine Drohne für Dachinspektionen einsetzt, muss folgende Regeln einhalten:

  • Drohnenführerschein: Seit Ende 2020 ist der EU-Drohnenführerschein A1/A3 verpflichtend. Der Online-Kurs kostet zwischen 149 und 199 € und ist fünf Jahre gültig.
  • Registrierung: Alle Drohnen über 250 Gramm müssen bei der Luftfahrtbehörde (LBA) registriert werden. Die eID-Nummer muss sichtbar am Gerät angebracht sein.
  • Haftpflichtversicherung: Mindestens 900.000 € Deckungssumme ist Pflicht. Ohne Versicherung ist der Flug illegal.
  • Flugorte: Über bewohntem Gebiet braucht man in Österreich und Deutschland oft eine zusätzliche Genehmigung. In manchen Bundesländern ist das einfacher, in anderen extrem kompliziert.
  • DSGVO: Wenn auf den Bildern Menschen oder Fahrzeuge zu sehen sind, müssen diese verpixelt oder gelöscht werden. Spezielle Software wie „Drohnomatic“ macht das automatisch - für 49 € pro Monat.
Wer den A2-Schein hat (für Flüge über 120 m Höhe oder in dicht besiedelten Gebieten), kann noch mehr einsetzen - aber der Kurs kostet 395 € und ist deutlich anspruchsvoller.

3D-Dachmodell mit Schadensmarkierungen und thermografischen Daten wird über einem Tisch projiziert.

Dokumentation: Mehr als nur Fotos

Ein guter Dachgutachter weiß: Fotos allein reichen nicht. Die Dokumentation muss beweiskräftig sein - für Versicherungen, für Bauaufsicht, für Gerichte.

Die beste Dokumentation enthält:

  • Ein 3D-Modell des Daches mit Messpunkten
  • Zeitstempel und GPS-Positionen für jedes Bild
  • Thermografische Aufnahmen mit Temperaturangaben
  • Eine schriftliche Zusammenfassung mit Schadensbeschreibung und Empfehlung
  • Ein QR-Code, der zum digitalen Gutachten führt
Diese Daten sind inzwischen vor Gericht anerkannt. Ein Versicherungsgutachter, der mit einer Drohne arbeitet, kann schneller zahlen - und hat weniger Streit mit Kunden. Die Bilder zeigen klar: Wo ist der Schaden? Wie groß ist er? Wann ist er entstanden? Kein Ziegel mehr, der „vielleicht“ kaputt ist. Nur noch Fakten.

Was kann die Drohne nicht?

Drohnen sind leistungsstark - aber nicht perfekt. Es gibt Grenzen:

  • Regen und Wind: Drohnen fliegen nicht im Regen. Bei Windstärke 4 oder mehr wird der Flug unsicher.
  • Kleine Schäden: Risse unter 5 cm² oder feine Haarrisse in Kupferdächern werden oft übersehen. Hier ist eine manuelle Nachprüfung nötig.
  • Reflektierende Oberflächen: Neues Kupfer, Aluminium oder glänzende Dachfolien können die Kameras verwirren - das Bild wird überbelichtet.
  • Akute Lecks: Wenn es gerade regnet und ein Dach undicht ist, kann die Drohne den Schaden nicht finden. Sie sieht nur die trockene Oberfläche.
  • Technische Probleme: GPS-Ausfälle bei metallischen Dachkonstruktionen oder Störungen durch Funkmasten passieren - besonders bei älteren Drohnen.
Ein TÜV Rheinland-Test mit 200 Dächern ergab: Automatisierte Erkennung übersehen bei 12,4 % der Fälle feine Risse. Deshalb: Drohnen ersetzen den Experten nicht - sie unterstützen ihn.

Drohne überträgt Daten in ein digitales Dachgutachten, während eine veraltete Leiter im Gras liegt.

Was kostet eine Drohnen-Dachinspektion?

Es gibt drei Wege, Drohnen für Dachinspektionen zu nutzen:

  • Handwerker-eigene Drohne: Eine Basisdrohne mit Kamera und Software kostet ab 1.200 €. Dazu kommen Schulung (590 €), Versicherung (ca. 150 €/Jahr) und Software-Abos. Insgesamt: ca. 3.850 € Anfangsinvestition. Aber: Jedes weitere Dach kostet nur noch 15-20 € an Betriebskosten.
  • Full-Service-Anbieter: Firmen wie FlyNex oder Dronegy bieten Inspektionen ab 120 € pro Dach. Das ist ideal für kleine Betriebe, die nicht selbst fliegen wollen.
  • Enterprise-Lösungen: Für große Immobilienportfolios oder Versicherungen gibt es teurere Systeme von DJI Enterprise oder Antelope - ab 5.000 € für die Hardware. Dazu kommen jährliche Wartungskosten.
Die Rechnung geht auf: Laut einer Studie der Handwerkskammer Köln amortisiert sich die Investition nach durchschnittlich 7,2 Monaten. Warum? Weil man pro Tag fünf statt zwei Dächer inspizieren kann - und keine Unfälle mehr bezahlen muss. Ein einziger verhindertes Unfallkostenersparnis beträgt 23.500 € - laut BG BAU.

Wie sieht die Zukunft aus?

Ab 2024 müssen alle Drohnen in Deutschland und Österreich eine Remote-ID haben - das heißt, sie senden ihre Position und Identität in Echtzeit an die Behörden. Ab 2025 plant die LBA vereinfachte Genehmigungen für wiederkehrende Prüfungen - zum Beispiel für Dächer, die jedes Jahr kontrolliert werden müssen.

Die größte Veränderung kommt durch KI. Neue Software kann Schäden jetzt selbst erkennen - mit einer Genauigkeit von bis zu 96,2 % bei größeren Defekten. Ein System analysiert das 3D-Modell, markiert Risse, fehlende Ziegel oder Feuchtigkeit - und erstellt einen Bericht. Der Mensch prüft nur noch die Ergebnisse.

Bis 2027 prognostizieren Experten: Alle Dächer über 8 Metern Höhe werden nur noch mit Drohnen inspiziert. Traditionelle Methoden bleiben nur für kleine, flache Dächer oder für Nachkontrollen.

Was müssen Sie jetzt tun?

Wenn Sie als Dachdecker, Gutachter oder Immobilienverwalter Drohnen einsetzen wollen:

  1. Holen Sie sich den EU-Drohnenführerschein A1/A3.
  2. Registrieren Sie Ihre Drohne bei der Luftfahrtbehörde.
  3. Schließen Sie eine Haftpflichtversicherung mit mindestens 900.000 € ab.
  4. Beginnen Sie mit einer einfachen Drohne - z. B. DJI Mini 4 Pro (unter 250 g, keine Registrierung nötig) - und üben Sie im Freien.
  5. Nehmen Sie einen 2-tägigen Kurs bei FlyNex oder einem zertifizierten Schulungszentrum.
  6. Verwenden Sie standardisierte Checklisten wie das „5-Point-Inspection-Protocol“ von DJI - kostenlos verfügbar.
Die Technik ist da. Die Gesetze sind klar. Die Vorteile sind unbestreitbar. Wer heute nicht mit Drohnen arbeitet, arbeitet nicht mehr mit der Zukunft - sondern mit der Vergangenheit.